Getreidesilos sind von der Aussenwelt abgeschottet – und das ist auch richtig so: Regen und andere externe Einflüsse würden nämlich beim gelagerten Gut Schaden anrichten. Doch eine Baustelle sollte sich das Silo keinesfalls zum Beispiel nehmen: «Silodenken» beschreibt die negative Tendenz in Organisationen, isoliert zu arbeiten, ohne äusseren Inputs Beachtung zu schenken. Das entspricht leider auf vielen Baustellen heute der Realität.
Wie kommen wir aus dieser engstirnigen Denk- und Arbeitsweise raus? Und was sind die grössten Hindernisse, die einer effektiven Zusammenarbeit auf der Baustelle im Weg stehen? Zu diesen Fragen durfte ich in Bern im Auftrag des Bundesamts für Energie ein Kurzreferat halten. Darin ging es auch um die Fehlerkultur auf dem Bau, die Wahl der richtigen Unternehmer und Planer sowie um Lösungen gegen den Fachkräftemangel.
Die Vorgeschichte
«Das kann ja nicht so schwer sein.»
Das ging mir an meinem ersten Tag als Juniorbauleiter durch den Kopf. Ein Projekt erfolgreich durchzuführen, das ist bestimmt keine Hexerei. Nach drei Wochen musste ich dann feststellen, dass es doch nicht so einfach ist. Es geschehen immer wieder dieselben Fehler, man steht immer wieder denselben Problemen.
Ich habe 5 Themen identifiziert, bei denen man unbedingt den Hebel ansetzen müsste:
- die Kommunikation,
- die Wahl der Unternehmung,
- die Wahl der Planer,
- die Kompetenz des Bestellers und
- der Fachkräftemangel.
Meine Erfahrungen haben dazu geführt, dass ich mein Fachwissen teilen wollte, um die Qualität auf unseren Baustellen zu verbessern. Das Resultat ist dir bekannt: der BAUHERREN PODCAST SCHWEIZ.
Im Folgenden fokussieren wir uns mal auf die Zusammenarbeit und die Kommunikation. Denn was ist das Ergebnis von falscher oder lückenhafter Kommunikation? Die Bauprojekte überschreiten die geplanten Kosten, sind im Verzug und büssen an Qualität ein. Es lohnt sich also, hier einen Schwerpunkt zu setzen.
Praxistipps für bessere Kommunikation am Bau
Als Planer willst du Handwerker, die deine Pläne umsetzen. Damit das funktioniert, ist Wertschätzung nötig: Nimm die Fachmeinung des Handwerkers ernst, frage ihn nach Lösungsansätzen und Optimierungsvorschlägen. Denn eines ist klar: Diese Leute beschäftigen sich tagtäglich mit diesen Themen und wissen genau, worum es geht. Nimm deshalb als Planer ihre Inputs an.
Umgekehrt tun die Handwerker gut daran, proaktiv zu kommunizieren und Vorschläge zu äussern.
In diesem früheren Baublog gibt es zudem zahlreiche wertvolle Tipps, wie es mit der Zusammenarbeit zwischen Architekten und Bauleitern klappt. Auch für Bauleiter, die ihre Kommunikation zu den Handwerkern verbessern wollen, gibt es bereits einen separaten Beitrag – hier klicken!
Silodenken bekämpfen: Hilfe von Verbänden
Verbände könnten den Unternehmen einen Kurs anbieten, wie sich diese besser verkaufen können. Denn wir haben heute bei der Auftragsvergabe ein ganz grosses Mentalitätsproblem: Der Billigste bekommt den Auftrag. Und das darf nicht sein, denn der billigste Unternehmer ist nicht unbedingt der beste. Der in der Offerte teurere Unternehmer kann der Bauherrschaft sehr viel Geld und Ärger sparen mit guter Qualität und wertvollen Optimierungsvorschlägen. Deshalb soll sich ein Unternehmer über die Qualität verkaufen und nicht über den Preis!
Weiter könnte der Verband Lehrlinge unterstützen, indem er ihnen einen «Götti», also einen pensionierten Experten zur Seite stellt. Dann hätte man eine neutrale und erfahrene Instanz, welche auf die Anliegen der Lehrlinge antworten könnte. Das wäre zugleich eine generationenverbindende Massnahme, was ja immer begrüssenswert ist.
Die Planer wiederum unterstützt der Verband, indem er Kommunikationskurse (vielleicht auch online) anbietet.
Sachlichkeit vor Egoismus: Entscheidungs- und Fehlerkultur
Auch mit der Art und Weise, wie wir Entscheidungen treffen, kommunizieren wir. Treffe ich Entscheidungen zu spät? Gar nicht? Oder treffe ich sie und ändere plötzlich wieder meine Meinung? Das ist für alle Beteiligten schwierig und kommuniziert Unsicherheit und Inkompetenz.
Wie wir mit falschen Entscheidungen umgehen, ist eng verwandt mit dem Thema der Fehlerkultur. Gebe ich Fehler zu oder schiebe ich sie auf andere? Und lerne ich etwas daraus, damit der Fehler nicht mehr vorkommt?
Ein guter Leitsatz lautet «Sachlichkeit vor Egoismus». Zu oft steht uns nämlich unser Ego im Weg, wenn es darum geht, auf sachlicher Ebene eine zielführende Kommunikation zu führen.
Kompetenz der Beteiligten
Der Weg aus dem Silodenken führt also nicht an kompetenten Beteiligten vorbei. Doch wie findet man diese? Wie oben erwähnt, sind es in der Regel nicht die Billigsten.
Der beste Tipp: Stell Fragen. Frage einen Unternehmer ganz konkret, was seine 5 Vorschläge zur Kosten-, Termin- und Qualitätsoptimierung sind. Das gilt auch für die Planer. So hörst du sehr schnell heraus, wer kompetent ist.
Nicht vergessen darf man, dass auch der Besteller für seine Pflichten qualifiziert sein muss. Ist er es nicht, muss er das nötige Knowhow extern beiziehen – zum Beispiel mit der Hilfe eines Bauherrenvertreters.
Kreativ gegen den Fachkräftemangel
Der Fachkräftemangel ist ein wichtiges Thema, aber auch ein weites Feld. An dieser Stelle nur ein Beispiel einer sehr cleveren Massnahme. Es geht dabei um das Metallbauunternehmen Metallraum, das im Einklang mit der Unternehmensphilosophie Lean Management wirtschaftet.
Dazu gehört auch, dass die Lernenden selber Tiktok-Videos produzieren und hochladen, was sehr persönlich und authentisch rüberkommt. Damit agieren sie quasi als Corporate Influencer (zu diesem Thema gibt es hier einen Baublog). Dank dieser Art von Präsenz auf Social Media hat die Metallraum AG überhaupt keine Nachwuchssorgen.
Die ganze Folge mit Metallraum-Geschäftsführer Matthias Zwyssig gibt’s hier.
