
Was ist Behaglichkeit?
Behaglichkeit ist ein Empfinden, das niemand einfach so schnell definieren und eingrenzen kann – und das macht die Sache natürlich schwierig. Es gibt viele Parameter, die einen positiven oder negativen Einfluss haben können. Dazu gehören Feuchtigkeit, Luftqualität, Licht, aber auch Faktoren wie Infraschall, Materialisierungen und Strahlungen. Ausserdem haben Geometrien, Farben, Temperaturen (sowohl von Oberflächen als auch von der Luft) und die Luftgeschwindigkeiten einen Einfluss auf die Behaglichkeit. «Unsere Aufgabe ist es, den Raum so zu gestalten, dass die positiven Punkte überwiegen und wir uns darin wohl fühlen.» Unsere Präferenzen gegenüber diesen Faktoren verändern sich im Laufe des Lebens. Wenn wir jung sind, frieren wir etwa viel weniger schnell als im höheren Alter. Das hat einen spannenden Grund: Der Wasseranteil in unserem Körper ist im Alter tiefer – und Wasser hilft unserem Körper, die Temperatur zu regulieren. Das heisst, ältere Menschen benötigen eher eine Grundtemperatur von 23 statt 21 Grad, wie es die SIA eigentlich vorgibt.
Unbehaglichkeit im Wohnungsbau
Die stärksten Faktoren, welche die Behaglichkeit negativ beeinflussen, sind gemäss Martin Kaltluftsituationen. Das können exponierte Ecken sein, zum Beispiel in einer Attikawohnung. In einem Eckzimmer gibt es viel Kaltluft aussenrum, was eine erhöhte Aufmerksamkeit für die Oberflächentemperaturen erfordert. «Eine Attikawohnung kann nicht gleich geplant werden wie ein Zwischengeschoss.» Im Erdgeschoss wiederum gibt es sehr hohe Räume und entsprechend hohe Fensterflächen nach draussen. Bei so grossen Fenstern ist der Kaltluftabfall immer ein wichtiges Thema. Das heisst: Wie viel Luftbewegung wird über die Fenster generiert? Dazu mehr weiter unten. Nicht nur zwischen den verschiedenen Stockwerken, sondern auch zwischen den beiden Dacharten gibt es Unterschiede. Das Flachdach ist direkt gegen aussen gerichtet. Das Steildach hingegen ist im Regelfall ein Kalt- oder ein Warmdach und ein grosser Teil der Fläche ist gegen unbeheizt. Auch das empfinden wir anders, selbst wenn die Differenz mit ein paar Grad relativ klein ist.Behaglichkeit und Verglasung
Die Fensterhöhe korrespondiert mit den Anteilen an unzufriedenen Nutzern im Raum. Nehmen wir an, wir haben in einem Altbau ein altes, nur zweifach verglastes Fenster, das nicht saniert ist, mit einem U-Wert von 2,6 und einer Höhe von 120 Zentimetern. Der U-Wert sagt aus, wie stark die Verglasung die Wärme durchlässt. Je stärker das Fenster isoliert ist, desto kleiner ist der U-Wert. In so einem Fall haben wir 17% unbehagliche Menschen. Vergrössern wir das Fenster auf 210 Zentimeter, haben wir bereits 21% Unbehagliche. Martin war einmal bei einem Kunden, der ein solches Fenster mit einer Höhe von dreieinhalb Metern im Wohnzimmer hatte und sich nicht wohl fühlte. Das überraschte Martin nicht: Bei diesen Bedingungen sind etwa 35% der Menschen unzufrieden. Wenn du also einen Umbau vorhast und dabei grosse Fensterflächen mit Zweifachverglasung im Spiel sind, ist es relativ einfach und wirtschaftlich, einen Fensterersatz vorzunehmen. Man muss allerdings immer die Einbaudaten der Fenster berücksichtigen. «Es macht keinen Sinn, Fenster auszutauschen, die erst 15-jährig sind.» In solchen Fällen gilt es, andere Faktoren unter die Lupe zu nehmen. Auch die Rollladenkästen sind nämlich Wärmebrücken. Vielleicht gibt es also hier Optimierungsmöglichkeiten bezüglich Dichtigkeit, ohne dass gleich relativ neue Fenster ausgewechselt werden müssen.