Was geschieht, wenn du plötzlich nicht mehr für dich selbst entscheiden kannst – und niemand weiss, was zu tun ist? Diese Frage betrifft nicht nur ältere Menschen, sondern jede und jeden von uns. In dieser etwas ungewöhnlichen Folge erhalten wir wichtiges Wissen von Vorsorgeexperte Jürg Gyr über den Vorsorgeauftrag, dessen rechtliche Bedeutung – und darüber, welche Probleme ohne ihn entstehen können.
Was ist ein Vorsorgeauftrag?
Ein Vorsorgeauftrag erlaubt es dir, im Voraus festzulegen, wer dich rechtlich vertreten soll, wenn du nicht mehr urteilsfähig bist – sei es aufgrund eines Unfalls, einer Krankheit oder altersbedingter Einschränkungen wie Demenz. Seit 2013 ist das rechtlich möglich. Vorher existierte diese Option nicht, weshalb der Gesetzgeber mit dem neuen Instrument eine Lücke schloss.
Dieses Recht auf Selbstbestimmung ist ein Novum, sagt Jürg Gyr. Früher kannte man nur Bevormundung durch Sozialämter – heute nennt man es umfassende Beistandschaft.
Ein Vorsorgeauftrag beinhaltet:
- Vermögenssorge (z. B. Rechnungen zahlen, Steuererklärungen)
- Personensorge (Pflege, medizinische Betreuung, Wohnort)
- Vertretung im Rechtsverkehr (z. B. Kündigungen, Vertragsabschlüsse)
Gültig wird der Auftrag nur dann, wenn die betroffene Person nicht mehr urteilsfähig ist.

Was passiert ohne Vorsorgeauftrag?
Liegt kein Vorsorgeauftrag vor oder ist dieser unvollständig oder fehlerhaft erstellt, übernimmt die KESB (Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde) die Verantwortung.
Die Folgen:
- Entscheidungen über Pflege, Wohnort oder Finanzen trifft nicht mehr die Familie, sondern die KESB.
- Immobilien können veräussert werden, um Pflegekosten zu decken – unabhängig von deinem Willen.
- Selbst ein Lebenswerk wie eine Firma kann so innerhalb kurzer Zeit zunichte gemacht werden.
Alles, was du selbst bestimmt hast, kann dir niemand wegnehmen. Aber wenn nichts geregelt ist, entscheidet die KESB.
Praxisfall: Betreuung ohne Vorsorgeauftrag
Jürg Gyr berichtet von einem Fall, bei dem er die Betreuung eines Mannes übernahm, der keine Angehörigen hatte. Ohne Vorsorgeauftrag musste Gyr selbst entscheiden, was für die Pflege nötig war – eine sehr belastende Aufgabe. Besonders schwierig wurde es nach dessen Tod, als es darum ging, was mit der verstorbenen Person geschehen sollte.
Wann greift die KESB?
Die Antwort: Sobald eine Person nicht mehr urteilsfähig ist. Doch wie wird das festgestellt?
In der Regel durch ein ärztliches Attest. Danach werden durch die KESB zwei unabhängige Gutachten eingeholt. Die betroffene Person kann Einsprache gegen Entscheidungen erheben
Demenz ist ein typisches Beispiel: Sie entwickelt sich oft schleichend. In frühen Phasen wirken Betroffene oft noch urteilsfähig, was zu Fehleinschätzungen führen kann. Besonders tückisch: Das Kurzzeitgedächtnis ist oft betroffen, die Antworten im Gespräch wirken aber schlüssig und glaubwürdig.

Probleme bei Online-Vorlagen
Im Internet finden sich zahlreiche Vorlagen für Vorsorgeaufträge. Doch laut Jürg Gyr sind 80 Prozent davon unbrauchbar.
Hauptprobleme:
- Fehlende Entschädigungsregelung: Der Gesetzgeber sieht vor, dass beauftragte Personen für ihre Arbeit entschädigt werden. Ist das nicht geregelt, kann der Auftrag ungültig sein.
- Widersprüchliche Versionen: Viele Menschen erstellen Jahre später erneut einen Auftrag, ohne sich an den alten zu erinnern. Wenn zwei Versionen mit verschiedenen Anweisungen existieren, ist unklar, welche gültig ist.
- Veraltete Inhalte: Viele Online-Vorlagen werden nicht regelmässig aktualisiert.
Die KESB selbst darf keine Vorsorgeaufträge erstellen – sie ist die prüfende Instanz. Deshalb dürfen Vorlagen nicht von ihr stammen.
Jürg Gyr verwendet geprüfte Vorlagen, die mit KESB und Notariat abgestimmt sind und regelmässig aktualisiert werden. Zudem kennt er als Privatbeistand die Anforderungen der Praxis genau.
Immobilienspezifische Regelungen
Viele Menschen besitzen eine Eigentumswohnung oder ein Haus. Diese müssen im Vorsorgeauftrag klar identifiziert werden:
- E-GRID-Nummer
- Grundbuchnummer
- Beschreibung (z. B. 4-Zimmerwohnung im 2. OG)
Auch soll festgelegt werden: Verkauf? Übergabe an ein Familienmitglied im Rahmen der Erbteilung? Oder Schenkung? (Das ist aus steuerlichen Gründen oft am ungünstigsten.)

Typische Fehler
- Keine Entschädigungsregelung
- Unklare Angaben zu Immobilien
- Mehrere Versionen des Vorsorgeauftrags ohne Datumsklarheit
- Keine klare Formulierung der Wünsche (z. B. Pflegeheim, Haustiere)
- Dokument nicht auffindbar
Wie wird ein Vorsorgeauftrag erstellt?
Es gibt zwei Formen:
- Handschriftlich: Alles muss von Hand geschrieben sein – inklusive Datum und Seitenangaben (z. B. „Seite 1 von 3“), damit keine Seite ausgetauscht werden kann.
- Per Computer mit notarieller Beglaubigung: Wird bevorzugt. Der Notar bestätigt, dass die Person zum Zeitpunkt der Erstellung urteilsfähig war.
Wichtig: Der Ort der Aufbewahrung muss dokumentiert sein – sonst wird der Vorsorgeauftrag später womöglich nicht gefunden. Gyr erzählt von einem Fall, bei dem ein bestehender Auftrag erst zufällig in einem alten Briefumschlag erentdeckt wurde.
Ein weiterer Praxisfall
Ein 90-jähriger Mann, dement, mit ausländischer Ehefrau (Sprache: Englisch/Thailändisch), erbt ein grösseres Vermögen. Ohne Vorsorgeauftrag kann die Ehefrau weder Auskünfte bei der Bank erhalten noch einen Erbteilungsvorschlag unterschreiben – die KESB musste eingeschaltet werden. Der Aufwand war enorm. Jürg Gyr weiss: Die Kosten ohne Vorsorgeauftrag betragen jeweils etwa das Vierfache.

Schritt-für-Schritt-Anleitung mit Jürg Gyr
- Kontaktaufnahme: www.finanz-leistung.ch
- Hausaufgabe: Wer kann und will dich vertreten?
- Erstgespräch mit Checkliste: Besprechung aller Aspekte – inkl. Details wie Haustiere
- Erstellung des Auftrags: Je nach Wunsch handschriftlich oder mit Notar
Jürg Gyr bietet zudem an, bestehende Vorsorgeaufträge zu überprüfen und gezielt zu ergänzen, ohne alles neu schreiben zu müssen.
Fazit
Ein Vorsorgeauftrag schützt nicht nur dich, sondern auch deine Angehörigen. Ohne ihn riskierst du, dass Fremde über dein Leben, dein Geld und dein Zuhause entscheiden. Die Investition in eine professionelle Erstellung lohnt sich – auch finanziell.
Kontakt Jürg Gyr:
www.finanz-leistung.ch