Ich weiss aus meiner Zeit als Bauleiter ganz genau, was in einer Vergabesitzung passiert – und wie viele Unternehmer dort Fehler machen, die sie Tausende Franken kosten. Du hast dein Angebot mit viel Aufwand ausgearbeitet, das Leistungsverzeichnis durchgearbeitet, unzählige Stunden investiert und bereits mehrere Telefonate geführt. Vielleicht hast du sogar schon einen kleinen Rabatt angeboten, um preislich in der Nähe deiner Konkurrenz zu liegen.
Dann sitzt du endlich am Tisch mit der Bauleitung, denkst, dass du nur noch ein, zwei Punkte klären musst und dann den Vertrag unterschreiben kannst. Doch oft ist genau das der Moment, in dem der grösste Druck aufgebaut wird – und viele Unternehmer einknicken.
Ich zeige dir in diesem Baublog, worauf du achten musst, welche typischen Bauleitertaktiken dich erwarten und wie du ohne Rabatte mehr Gewinn behältst.

1. Typische Bauleitertaktiken und psychologischer Druck
In den meisten Vergabesitzungen werden mehrere Unternehmer kurz hintereinander eingeladen. Oft überschneiden sich die Termine bewusst – der eine läuft gerade hinaus, wenn du reinkommst. Das erzeugt Druck: Du siehst deinen Mitbewerber und denkst unbewusst, dass du wohl besser noch etwas nachgeben solltest. Das ist Bauleitertaktik Nummer eins.
Die zweite Taktik: Du sitzt meist allein mehreren Personen gegenüber. Auf der anderen Seite des Tisches sind Bauleiter, Projektleiter und vielleicht der Leiter Ausführung – drei gegen einen. Allein das verändert das Machtgefühl im Raum. Deshalb mein erster Tipp: Geh nie allein in eine Vergabesitzung. Nimm deinen Projektleiter mit. Zwei gegen drei ist deutlich besser als einer gegen drei.

Auch die Umgebung spielt eine Rolle. Oft wirst du so platziert, dass du aus dem Fenster schauen kannst – mit einem schönen Blick in die Ferne. Das wirkt harmlos, ist aber ebenfalls Teil der Taktik. Dein Blick schweift ab, du bist weniger fokussiert auf dein Angebot. Sei dir dieser kleinen Details bewusst – sie beeinflussen dich stärker, als du denkst.
2. Warum Rabatte deinen Gewinn zerstören
Nach einem kurzen Smalltalk kommt fast immer die entscheidende Frage: Was können Sie noch machen? Und schon ist der Druck da. Du hörst, dass die Konkurrenz 2 % günstiger ist, und denkst, du müsstest 3 % nachgeben, um sicherzugehen.
Doch das ist ein grosser Irrtum. Wenn deine Marge 10 % beträgt, dann bedeuten 3 % Rabatt exakt 30 % weniger Gewinn. Du verdienst also nicht einfach 3 % weniger, sondern verlierst fast ein Drittel deines Gewinns – und das nur, weil du einmal zu schnell Ja gesagt hast.
Genau hier musst du ansetzen: Du brauchst Alternativen, um dem Bauleiter etwas anbieten zu können, ohne den Preis zu senken.
3. Klare Strategien für die Vergabesitzung
Ich empfehle immer, gezielt nachzufragen: Bei welcher Position im Leistungsverzeichnis ist dein Konkurrent günstiger?
Oft steckt dahinter kein echter Preisvorteil, sondern ein Rechenfehler oder ein Unterschied in der Materialannahme. Vielleicht hast du hochwertigere Produkte kalkuliert, die gar nicht verlangt sind. So kannst du deinen Preis ohne Rabatt rechtfertigen oder sogar noch verbessern.
Ich habe in meiner Zeit als Bauleiter oft erlebt, dass genau diese Nachfragen den Unterschied gemacht haben. Viele Unternehmer wissen gar nicht, dass sie eigentlich schon günstiger sind – sie prüfen es nur nicht nach.
Und das Problem ist weit verbreitet: Laut einer Umfrage, die ich in einem LinkedIn-Beitrag zitiert habe, haben über 70 % der Führungskräfte in der Schweizer Bauwirtschaft nie gelernt, professionell zu verhandeln. Das erklärt, warum so viele unnötig Rabatte geben. Diese Prozente fehlen später, wenn eine Bauetappe verlängert oder ein Termin verschoben wird – genau dann, wenn es knapp wird.

4. Alternativen zum Rabatt verhandeln
Statt Prozente zu verschenken, kannst du Verhandlungsspielraum auf anderen Ebenen schaffen. Ich zeige dir ein paar Möglichkeiten, die du sofort umsetzen kannst:
- Schlechtwetterklausel: Verhandle, dass Schlechtwetterunterbrüche im Preis bereits enthalten sind. Das kostet dich oft weniger, als 2 % oder 3 % Rabatt zu geben.
- Verzögerungen durch Dritthandwerker: Kalkuliere gewisse Terminverschiebungen mit ein. Solche Verzögerungen passieren ohnehin, und du verlierst dabei nichts.
- Expressänderungen: Wenn du beispielsweise Metallbauer bist, kannst du kurzfristige Änderungen (Farbe, Zusatzfunktionen, Sicherheitsdetails) als Expressleistung mit aufnehmen. Das schafft Mehrwert, kostet dich aber kaum etwas.
- Regiearbeiten: Gib lieber auf zukünftige Regie- oder Nachtragsarbeiten kleine Preisnachlässe, anstatt auf den Hauptauftrag. So bleibt deine Marge beim Kernauftrag erhalten.
- Projektoptimierung: Wenn du im Angebot Einsparpotenziale erkennst, kannst du diese proaktiv ansprechen. Biete an, den Auftrag günstiger auszuführen, falls eine technische oder planerische Optimierung umgesetzt wird. Das zeigt Kompetenz, ohne dass du auf Gewinn verzichtest.
- Materialwahl: Überlege, ob du durch den Einsatz eines alternativen, schnelleren oder effizienteren Produkts Mehrwert schaffst. Zum Beispiel kann ein Schnellbinder im Unterlagsboden dafür sorgen, dass der Boden früher belegt werden kann – ein Vorteil für den Bauleiter, ohne Mehrkosten für dich.
Diese Strategien wirken professionell, weil sie auf Fachwissen beruhen – nicht auf Nachgeben. Du bleibst wirtschaftlich stark und sendest gleichzeitig das Signal: Du bist lösungsorientiert, nicht rabattorientiert.

5. Die Rolle deiner Projektleiter
Ein zentraler Punkt ist die Vorbereitung im Team. Deine Projektleiter stehen oft näher am Tagesgeschäft und wissen, was Bauleiter in der Ausführung regelmässig verlangen oder wo sie unzufrieden sind. Nutze dieses Wissen. Wenn du die häufigsten Wünsche kennst, kannst du sie schon beim nächsten Kunden einbauen oder gezielt ansprechen. So wirkst du besser vorbereitet und gewinnst Vertrauen.
Ich empfehle dir, eine Checkliste zu erstellen, die du vor jeder Vergabesitzung durchgehst – mit den typischen Fragen, Argumenten und möglichen Mehrwerten. Damit bist du auf jede Situation vorbereitet und kannst ruhig und souverän reagieren.
6. Wähle deine Partner mit Bedacht
Zum Schluss ein besonders wichtiger Punkt: Achte darauf, mit wem du zusammenarbeitest. Ich habe von Generalunternehmern gehört, die offen sagen, eine Grossbaustelle sei nur dann profitabel, wenn zwei Unternehmen dabei Konkurs gehen. Das sind keine Partner, mit denen du langfristig zusammenarbeiten willst. Sei wachsam und schütze dein Unternehmen – nicht jeder Auftrag ist es wert, unterschrieben zu werden.

Ich kann dich bei der Vergabesitzung begleiten!
Bauleiter pokern oft – das ist ihr Job. Aber wenn du dich zu sehr auf Rabatte einlässt, schadest du dir langfristig selbst. Weniger Gewinn bedeutet weniger Spielraum für gute Löhne, weniger Investitionen in Weiterbildung und weniger Stabilität.
Mein Ziel ist es, dass du diese Verhandlungssituationen erkennst, souverän reagierst und mit einem klaren System antrittst. Kein Rabatt ist dein Gewinn – und mit der richtigen Vorbereitung kannst du jede Vergabesitzung selbstbewusst und profitabel meistern.
Wenn du möchtest, dass ich dich bei einer Vergabesitzung begleite oder individuell auf deine Angebote und Gegenüber eingehe, melde dich gerne bei mir. Es ist gut investiertes Geld.