Welche Vertragsform ist die richtige? Diese Wahl beeinflusst nicht nur die Projektkosten, sondern auch die Verantwortung, das Mitspracherecht und die Transparenz. Ein falscher Entscheid kann zu unerwarteten Risiken, Mehrkosten und Zeitverzögerungen führen.
Es gibt sechs übergeordnete Vertragsformen – aber nur eine, die wirklich zu dir und deinem Bauvorhaben passt.
In diesem Baublog geht’s unter anderem um Folgendes:
- Was sind die Chancen und Risiken von Einzelplanern, Planergemeinschaften, GU und TU?
- Wo hast du als Bauherr am meisten Mitspracherecht und Eigenverantwortung?
- Und welche Rolle spielen Kostensicherheit und Zeitdruck bei der Wahl der richtigen Vertragsform für Planung und Ausführung?
Matthias Gerber, stellvertretender Geschäftsführer des Lenzburger Architekturbüros Outlog, liefert uns die Antworten – jetzt weiterlesen!

Warum die Vertragsform entscheidend ist
Jede Vertragsform bringt spezifische Vor- und Nachteile mit sich. Die grosse Frage ist: Wie viel Verantwortung und Kontrolle will oder muss der Bauherr selbst übernehmen?
- Einzelvergabe: Mehr Kontrolle, aber auch mehr Aufwand für den Bauherrn.
- Generalunternehmer (GU): Ein Vertragspartner für die gesamte Bauausführung, aber weniger Transparenz.
- Totalunternehmer (TU): Rundum-sorglos-Lösung inklusive Planung, jedoch mit begrenztem Mitspracherecht für den Bauherrn.
PLANUNG
1: Einzelplaner
Ein Bauprojekt lässt sich in zwei zentrale Phasen unterteilen: die Planungsphase und die Ausführungsphase.
Wir schauen uns zuerst drei Vertragsformen der Planung an und beginnen mit dem Einzelplaner-Modell. Hier hat der Bauherr individuell direkte Verträge mit den verschiedenen Planern. Dazu gehören etwa der Architekt, HLK-Planer (Heizung, Lüftung, Klima), Sanitärplaner sowie weitere Fachplaner.
Vorteile:
- Maximale Kontrolle und Transparenz für den Bauherrn
- Direkte Kommunikation mit jedem Fachplaner
Nachteile:
- Hoher Koordinationsaufwand
- Der Bauherr trägt das alleinige Risiko für Fehler und Verzögerungen

2: Generalplaner (GP)
Beim Generalplaner-Modell beauftragt der Bauherr ein einzelnes Unternehmen (in vielen Fällen den Architekten), das alle weiteren Fachplaner (als Subplaner) koordiniert.
Vorteile:
- Weniger Schnittstellen / Koordinationsaufwand für den Bauherrn
- Nur ein Vertragspartner für die Planung
- Der GP kann als Vermittler zwischen Bauherrschaft und GU fungieren (z. B. bzgl. Nachträge) und diesen kontrollieren. Mit einem kompetenten GP ist deshalb ein Bauherrenvertreter nicht zwingend nötig.
Nachteile:
- Weniger direkter Einfluss auf Fachplaner, hohe Abhängigkeit
- Verantwortung für Fehler kann oft schwer zugeordnet werden
- Zusätzliche Kosten für die Koordination

3: Planergemeinschaft
Bei der Planergemeinschaft handelt es sich quasi um eine Zwischenform zwischen Einzel- und Generalplaner: Mehrere Planer schliessen sich zusammen und haften solidarisch. Das kann Vor- und Nachteil zugleich sein: Alle Mitglieder haften gemeinsam für Fehler oder Mängel, auch wenn diese nur von einem Beteiligten verursacht wurden.
Unterschiedliche Interessen der Beteiligten können zu Unstimmigkeiten führen, insbesondere wenn finanzielle oder qualitative Risiken nicht gleichmässig verteilt sind. Dieses Modell wird entsprechend selten angewandt. Auch Matthias hat noch nie auf diese Weise ein Projekt realisiert.
Vorteile:
- Risikoverteilung, gemeinsame Verantwortung aller Beteiligten
Nachteile:
- Hoher Abstimmungsaufwand
- Komplexe Haftungsfragen, erhöhtes Konfliktpotenzial

AUSFÜHRUNG
1: Einzelunternehmer
Jetzt gehen wir in die Ausführungsphase. Analog zum Einzelplaner-Modell verfügt hier die Bauherrschaft mit dem Einzelunternehmer-Modell maximale Kontrolle. Sie vergibt einzelne Aufträge direkt an die Handwerker und Unternehmer.
Vorteile:
- Maximale Kostentransparenz
- Bauherr hat volle Kontrolle
Nachteile:
- Sehr hoher Koordinationsaufwand
- Risiko für Verzögerungen trägt der Bauherr
2: Generalunternehmer (GU)
Ein GU übernimmt die gesamte Bauausführung. Der Bauherr hat nur einen einzigen Vertragspartner.
Vorteile:
- Weniger Koordinationsaufwand für den Bauherrn
- Klare Verantwortung für das gesamte Bauprojekt in der Ausführung
Nachteile:
- Eingeschränkte Kosteneinsicht und Mitsprache
- Risiko für versteckte Mehrkosten durch Nachträge
3: Totalunternehmer (TU)
Ein TU ist das Rundum-sorglos-Paket: Er verantwortet sowohl Planung als auch Bau zu 100 Prozent.
Vorteile:
- Eine einzige Ansprechperson
- Planung und Ausführung aus einer Hand
Nachteile:
- Eingeschränkte Kosteneinsicht und Mitsprache
- Der TU kontrolliert sich selbst; ein Bauherrenvertreter als zweite Ansprechperson auf der Seite der Bauherrschaft ist empfehlenswert.

Vertragsform: Wichtige Entscheidungskriterien
1. Projektumfang und Komplexität
- Für kleine, übersichtliche Projekte wie einen Einfamilienhausumbau empfiehlt sich die offene Abrechnung. Hierbei werden alle Leistungen einzeln ausgewiesen und nach effektivem Aufwand verrechnet.
- Für komplexe Bauvorhaben, die in relativ kurzer Zeit realisiert werden sollen, können GP/GU oder TU der sinnvollere Weg sein.
2. Eigenverantwortung und Mitspracherecht
- Möchtest du (oder dein Bauherrenvertreter) maximales Mitspracherecht? Dann ist das ein Argument für die Einzelvergabe.
- Du hast wenig Zeit, wenig Bau-Knowhow und dir ist Mitsprache nicht so wichtig? Ein Argument für ein Modell mit GP/GU oder TU.
3. Zeitdruck und Fristen
- Hast du knappe Fristen? GU/TU sind am effizientesten und reduzieren Schnittstellen.
- Hast du genügend Zeit? In diesem Fall könntest du mit Einzelvergaben Geld sparen.
4. Kostensicherheit
- Eine offene Abrechnung bietet hohe Transparenz über jeden einzelnen Franken.
- Ein GU/TU bietet eine Pauschale und damit viel Kostensicherheit, dafür weniger Kosteneinblicke.
5. Risikobereitschaft
- GU oder TU übernehmen für dich die Risiken wie mögliche Kostensteigerungen oder Bauverzögerungen, kalkulieren diese jedoch in ihren Fixpreis ein.
- Die Einzelvergabe kann dagegen Kosten sparen, birgt aber entsprechend mehr Unsicherheiten. Zudem muss die Bauherrschaft bereit sein, jeden Regierapport und jeden Nachtrag zeitnah freizugeben, da sonst Verzögerungen drohen. Nicht vergessen: Mitsprache bringt auch immer Verantwortung mit sich!

Warum haben GU oft einen schlechten Ruf?
Bauherren stehen dem GU-Modell oft kritisch gegenüber, weil sie darüber schon viel Negatives gehört haben. So sind unseriöse Generalunternehmer etwa berüchtigt dafür, durch teure Nachträge massive Mehrkosten zu generieren. Zudem sagt man ihnen nach, manchmal durch minderwertige Qualität Gewinn zu erzielen und nicht gut zu kommunizieren.
Woran erkennst du nun einen seriösen GP/GU?
- Er lehnt das Engagement eines kompetenten Bauherrenvertreters nicht ab.
- Er erstellt einen detaillierten Baubeschrieb zur Vermeidung von Nachträgen.
- Er kommuniziert transparent und professionell.
Fazit: Die richtige Entscheidung früh treffen
Ein klar definierter Projektumfang hilft, die richtige Vertragsform zu wählen. Bauherren sollten frühzeitig entscheiden:
- Wie viel Kontrolle möchtest du haben?
- Wie viel Risiko möchtest du eingehen?
- Wie wichtig ist dir Kostentransparenz?

Wertvolles Angebot für alle Bauherren!
Du bist noch immer nicht sicher, welche Vertragsform für dein Bauprojekt die richtige ist? Dann hat Matthias Gerber eine wertvolle Entscheidungshilfe für dich: Er hat extra für diese Folge mit dem BAUHERREN PODCAST SCHWEIZ eine Checkliste erstellt. Diese zeigt alle Vertragsformen mit Vor- und Nachteilen auf.
Kontaktiere Matthias ganz einfach auf LinkedIn und sprich ihn auf dieses Excel-Dokument an – HIER KLICKEN.
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