Das Tragen von schweren Lasten auf der Baustelle muss nicht sein! In dieser Folge erfährst du, wie Bauherren und Planende die Hilfsmittel der Suva nutzen, um den Lastentransport in Bauprojekten schon in der Planung zu berücksichtigen.
Unsere drei Gäste Markus Ringeisen (Experte Sicherheit und Gesundheitsschutz Suva), Roland Bamert (Senior Project Manager Implenia) und Stephan Selb (Teilinhaber Staufer & Hasler Architekten) zeigen ausserdem, wie eine kluge Baulogistik nach den Vorgaben von OptiBau nicht nur den Rücken, sondern auch die Baukosten schont – das alles wie immer mit konkreten Beispielen aus der Praxis!
Von ihnen erfährst du auch, weshalb eine frühe Ausschreibung und Planung der Baulogistik die gesundheitlichen Risiken senken und welche konkreten Massnahmen in einem grossen Holzbauprojekt geplant sind.

Rückenbelastung kostet Milliarden
Markus Ringeisen von der Suva schildert die Ausgangslage: Rückenbeschwerden sind eine der häufigsten Ursachen für krankheitsbedingte Ausfälle. Rund ein Fünftel aller Arbeitnehmenden ist davon betroffen. Die Kosten summieren sich auf über 2 Milliarden Franken pro Jahr – schweizweit und über alle Branchen hinweg. Besonders das Ausbaugewerbe, wo schwere Bauteile oft manuell transportiert werden müssen, ist stark betroffen. Dies ist häufig der Fall, wenn Hebemittel nicht mehr verfügbar sind, der Kran bereits abgebaut wurde und kein Aufzug einsatzbereit ist. Diese Situation muss man bereits in der Planung berücksichtigen.
Ziel der Suva ist es, bis 2030 die Zahl der Arbeitsplätze, die in Bezug auf körperliche Belastungen unzureichende Bedingungen aufweisen, um 50 % zu reduzieren. Dazu wurde eine Schwerpunktkampagne lanciert – nicht nur im Bau, sondern auch in Berufen wie Pflege und Logistik.

Checkliste für optimale Baulogistik
Die Suva-Checkliste für die Projektplanung ist eingebettet in den Leitfaden Körperschonender Lastentransport dank optimaler Baulogistik. Sie hilft Planenden, folgende Fragen frühzeitig zu klären:
- Wie gelangen Materialien ins Gebäude – per Kran, Aussenlift oder Innenlift?
- Wann stehen diese Transportmittel zur Verfügung?
- Welche Wege und Zufahrten sind nutzbar?
- Wie können die Bedingungen für jedes einzelne Gewerk verbessert werden?
So lassen sich unnötige körperliche Belastungen reduzieren, etwa beim Kücheneinbau oder Gipsplatten-Transport. Entscheidend ist dabei: Diese Überlegungen müssen bereits in frühen Planungsphasen einfliessen – idealerweise auf BKP-Ebene und vor der Ausschreibung.
Markus betont, dass die Checkliste durch Rückmeldungen aus der Praxis laufend weiterentwickelt wird. Ziel ist es, ein möglichst praxisnahes und wirksames Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen.
Erste Erfahrungen: Projekt Elsau im Holzbau
Stephan Selb berichtet von einem Projekt Elsau mit 194 Wohnungen in Holzbauweise. Die Planung nach OptiBau erfolgte dort erst nach der Baubewilligung, auf Anregung der Bauherrschaft. Dennoch konnte die Checkliste in der Submission der Holzbauarbeiten (über 20 Millionen Franken) bereits eingesetzt werden.
Manche Dinge waren für die Unternehmer neu. Ein konkretes Beispiel: Statt die Fenster erst nach der Errichtung der Holzelemente einzubauen, sollten sie bereits frühzeitig beim Aufbau ins Gebäude gestellt werden, um im Sinne der Planungs- und Kommunikationshilfe OptiBau die Traglasten zu minimieren.
Bei den Trockenbauarbeiten sollen kleinere Platten als üblich verbaut werden, damit man diese mit Liften direkt bis zur Einbaustelle transportieren kann. Die zuständigen drei Unternehmer sind hier teils noch skeptisch: Es hat doch bisher immer funktioniert, weshalb sollten sie plötzlich etwas verändern? In solchen Fällen gilt es, gut mit den Unternehmern zu kommunizieren und sie stark einzubinden. Gerade bei Arbeiten mit hoher körperlicher Belastung wie Trockenbauarbeiten sieht Stephan mit OptiBau besonders hohes Optimierungspotenzial.
Zudem war in Elsau von Anfang an klar: Die aufwendige Schindelfassade mit einer Grösse von über 5'000 Quadratmetern erfordert zwei Aussenlifte pro Haus. Zusätzlich werden 18 Innenlifte sehr früh in Betrieb genommen, sobald die Bauhülle steht. So lassen sich Innen- und Aussenlogistik entflechten und Stau bei Materialtransporten vermeiden – die optimale Ausgangslage.

Planung mit Visualisierung
Roland Bamert beschreibt ein Projekt in Luzern, bei dem Baulogistik von Anfang an mitgedacht wurde. Bereits vor Vertragsabschluss wurden Fachplaner und Unternehmer einbezogen. In einem eigens eingerichteten Projektraum wurden die Strukturen des Bauprozesses mit dem Bauablauf und den Terminprogrammen visualisiert. Die Partner werden dazu eingeladen, sich auf diese Weise früh mit den Abläufen des Projekts und den logistischen Prozessen zu beschäftigen. So können die Unternehmer ihre Preise realistischer kalkulieren – was beiden Seiten Planungssicherheit verschafft.
Auch in Luzern entschieden die Verantwortlichen, dass ein Aussenlift zum Einsatz kommen soll. Dieser wurde geplant und gemeinsam mit den Partnern finanziert. Im Verlauf des Projekts stellte er sich aber eher als hinderlich heraus. Das ist jedoch von Fall zu Fall unterschiedlich: Bei anderen Implenia-Projekten hat sich ein Aussenlift schon als sehr sinnvoll erwiesen. Wenn mehrere Wohnungen über eine Aussenerschliessung zugänglich sind, lohnt sich ein Aussenlift selbst bei Wohnbauten mit wenigen Geschossen.
Verkürzte Bauzeit: Auch die Bauherrschaft profitiert
OptiBau sorgt nicht nur für mehr Sicherheit auf der Baustelle, sondern ist auch ein finanzielles Argument im Interesse aller Beteiligter: Es führt zu effizienteren Prozessen und damit zu kürzeren Bauzeiten. Immer mehr Partner erkennen dies und investieren von sich aus in innovative Werkzeuge, Hebemittel oder Kleingeräte.
Die Bauherrschaft spielt dabei die entscheidende Rolle als Initiator. Nur sie kann den nötigen finanziellen Spielraum schaffen und die Rahmenbedingungen definieren. Planer können darauf hinweisen und informieren, doch ohne Engagement der Bauherren bleibt das Potenzial ungenutzt. Die Suva ist daher auch mit Verbänden wie dem Hauseigentümerverband und öffentlichen Bauherren im Gespräch, die Baulogistik breit zu thematisieren.
Der richtige Zeitpunkt, um die Logistik anzusprechen? So früh wie möglich. Bereits in der Vorprojektphase lassen sich erste Überlegungen zur Baulogistik anstellen – etwa zur Grösse, Anordnung und Transportierbarkeit von Bauteilen. Das verursacht keine Mehrkosten, schafft aber die Basis für effizientere Abläufe und körperlich entlastendes Arbeiten.

Umsetzung auf der Baustelle
Wie wird das Konzept vor Ort vermittelt? Vor Baubeginn werden alle Beteiligten eingeladen, die geplanten Abläufe kennenzulernen. Auch auf der Baustelle selbst wird das Personal einbezogen, z. B. bei Detailbesprechungen einzelner Arbeitsschritte wie Fensteranschlüssen. Diese offene Kommunikation fördert Verständnis, Akzeptanz und Effizienz.
Fazit: Wer frühzeitig über optimale Baulogistik nachdenkt und die richtigen Fragen stellt, kann viel bewegen – für die Gesundheit der Menschen, für die Effizienz des Baus und für das Klima auf der Baustelle.
Hier kannst du den Leitfaden Körperschonender Lastentransport dank optimaler Baulogistik herunterladen!